Lege artis - Das Magazin zur ärztlichen Weiterbildung 2012; 2(5): 312-319
DOI: 10.1055/s-0032-1330932
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Medikamente in der Schwangerschaft – Welche Substanzen eignen sich im Akutfall?

Dirk Nauheimer
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Publication Date:
28 November 2012 (online)

Zusammenfassung

Eine Vielzahl an Medikamenten passiert leicht die Plazenta und stellt während der Schwangerschaft wie auch peripartal ein potenzielles Risiko für Fetus oder Neugeborenen dar. Trotz aller Zurückhaltung lässt es sich nicht immer vermeiden, während der Schwangerschaft Medikamente zu verordnen. Häufig notwendig wird dies im Rahmen von ungeplanten Krankenhausaufenthalten oder zur Geburtshilfe. Neben den geburtshilflichen Eingriffen stellen sich jedes Jahr etwa 0.5–2% der Schwangeren zu nichtgynäkologischen Eingriffen in der Klinik vor. Daher ist das Wissen um die mütterlichen physiologischen Veränderungen während der Schwangerschaft sowie um mögliche negative Einflüsse häufig verwendeter Medikamente im klinischen Alltag auf Mutter und Fetus von besonderer Bedeutung. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den physiologischen Veränderungen in der Schwangerschaft und den Auswirkungen verschiedener Substanzen mit dem Ziel, die Anwendung im akuten Anwendungsbereich für Mutter und Fetus so sicher wie möglich zu gestalten.

Kernaussagen

  • Für nahezu alle Medikamentenapplikationen während der Schwangerschaft kann von einer Passage der Plazenta und folglich auch einer Wirkung auf den Feten ausgegangen werden.

  • Anästhesieverfahren während der Schwangerschaft oder zur Geburtshilfe können mit erhöhtem Risiko und nachteiligen Auswirkungen für Mutter und Kind einhergehen.

    • Sofern möglich, sollten Eingriffe außerhalb der sensiblen Phase der Organogenese im 1. Trimenon erfolgen.

    • Ab dem 2. und 3. Trimenon erhöht sich das Risiko einer Frühgeburt.

  • Um möglichst geringe Auswirkungen auf die uteroplazentare Perfusion auszuüben, sollte die Auswahl der einzusetzenden Medikamente vorsichtig erfolgen.

    • Für viele Indikationen lassen sich geeignete Präparate finden, die ein möglichst geringes Risiko für den Fetus oder den Neonaten bergen.

  • Bei Unklarheit über die Verwendung spezieller Präparate hilft auch die Suche über das Internetportal http://www.embryotox.de weiter.

  • Zudem ist die Erfahrung von Geburtshelfern und behandelnden Disziplinen, ggf. auch Pädiatern, oft von unschätzbarem Wert. Streben Sie daher eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unbedingt an.

Ergänzendes Material

 
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